[Rezension] Jan-Philipp Sendker - Das Flüstern der Schatten

Inhalt:

Nach dem Tod seines Sohnes zieht sich Paul auf eine Insel vor Hong Kong zurück und lebt zurückgezogen, nur mit seinen Erinnerungen. Als Paul jedoch auf eine Amerikanerin trifft, deren Sohn als vermisst gilt, ändert sich Pauls Leben. Zusammen mit seinem Freund Kommissar Zhang nimmt Paul sich des Falles an...

Meine Meinung:

Nachdem ich "Herzenstimmen" gelesen hatte, war ich mit Sendker eigentlich durch. Das Buch hat mir nämlich ganz und gar nicht gefallen und hat mir sogar "Das Herzenhören" vermiest. Deshalb war ich auch nicht sonderlich epicht darauf, noch einmal etwas von Jan-Phillip Sendker zu lesen.
Doch es hat schon etwas Spezielles, im Urlaub ein Buch zu lesen, das auch an besagtem Ort spielt, und so fand "Das Flüstern der Schatten" seinen Weg zu mir. Auf den ersten Seiten erleben wir dann auch gleich Justins Tod mit und das Ganze ist so dramatisch geschildert, dass ich das Buch am liebsten gleich wieder weggelegt hätte. Ich mag keinen kitsch, keine Romanzen und auch kein Drama. Und hier kommt auf ein paar wenigen Seiten erst einmal ganz viel Drama daher.

Zum Glück aber las ich weiter und schon bald wollte ich das Buch nicht mehr aus der Hand legen. Es ist dieser Geschichte zu verdanken, dass ich unbedingt mit der Star Ferry fahren wollte. Sendker ist ein wirklich talentierter Geschichtenerzähler, das muss ich ihm lassen. Die Querelen von "Herzenstimmen" sind somit Vergangenheit.

Sendker kennt sich in Asien bestens aus und das merkt auch der Leser. Dieses Buch ist nicht einfach nur ein Krimi, in dem ein Mann einen Mörder sucht, sondern viel, viel mehr. Man erlebt Hong Kong und China, kann in diese Gesellschaft eintauchen und erfährt so einiges, was dem normalen Touristen vorenthalten bleibt. Wir erleben Gutes, wie Schlechtes, doch der Autor urteilt nicht, sondern lässt seine Figuren ihre eigenen Gedanken und ihre eigenen Erfahrungen machen. So kommen unterschiedliche Meinungen zusammen und der Leser kann selbst entscheiden, welche Seite nun Recht hat.

Aber das Buch lebt nicht nur davon, sondern auch durch seine Figuren, die alle sehr starken Eindruck hinterlassen. Sie leiden alle in der einen oder anderen Form, doch die Geschichte nimmt ihren Lauf und sie finden ihr Glück. Auch wenn dieses teilweise in ungewohnter Form daherkommt.

"Das Flüstern der Schatten" ist ein unglaublich intensives Buch, das seine Spuren hinterlassen wird. Das zentrale Thema ist das Vertrauen. Immer wieder stolpern Paul, Zhang und die anderen darüber. Kann verlorenes Vertrauen wieder hergestellt werden? Was kostet uns das? Ist es gut, zu vertrauen, oder ein sinnloser Akt der Dummheit?

Fazit:

Ein Buch, das einen so schnell nicht wieder loslässt und Eindruck hinterlässt. Eine tiefgründige Geschichte über Menschen, Gefühle und den Kapitalismus. Ein unverschleiertes Bild in die chinesische Mentalität und Hong Kongs Sonderstellung.


Jan-Phillip Sendker
Das Flüstern der Schatten
TB, 11. Auflage 2014
Heyne

978-3-453-40631-5

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